Das „Clean Rivers Project“ in Washington, D.C. wird dafür sorgen, dass 96 % weniger ungeklärte Abwässer in die Flüsse Potomac River, Anacostia River und Rock Creek eingeleitet werden. Vier Vortriebsmaschinen von Herrenknecht erstellen hierfür auf einer Gesamtlänge von 20 Kilometern riesige Tunnelbauwerke, die sowohl als Zwischenspeicher fungieren werden als auch als leistungsfähige Zuleitungen zur Blue Plains Advanced Wastewater Treatment Plant im Süden der Stadt, der weltgrößten Kläranlage.
Das Abwassersystem in Washington, D.C., fasst in weiten Teilen der Hauptstadt das Abwasser aus Haushalten und Gewerbe und die Niederschläge in einem Leitungsnetz zusammen. Im 19. Jahrhundert angelegt stellte das „Combined Sewer System“ einen Fortschritt gegenüber den damals üblichen offenen Gräben und Klärgruben dar.
Andere Großstädte wie beispielsweise London und Berlin legten zu Zeiten der Industrialisierung ähnliche Systeme an.
Heute sind die Systeme mehrheitlich vom Volumen des abzuleitenden Abwassers überfordert, nicht zuletzt durch die fortschreitende Oberflächenversiegelung. In der Folge müssen immer häufiger, insbesondere nach starken Niederschlägen, große Mengen von Abwasser in Flüsse, Seen und Meere eingeleitet werden, ohne sie vorher Kläranlagen zuzuleiten. In Washington verschmutzen jährlich über 11 Milliarden Liter Abwasser den Anacostia und Potomac River sowie den Rock Creek durch „Combined Sewer Overflows“ (CSO).
Die erste der drei Herrenknecht-Maschinen, ein Erddruckschild (EPB-Schild) mit knapp 8 Metern Durchmesser, startet ihren Vortrieb im August 2013. 23 Monate und 7,25 Tunnelkilometer später erreichte die auf den Namen „Lady Bird“ getaufte Maschine am 1. Juli 2015 ihr Ziel. Die Vortriebsmannschaften des bauausführenden Joint Ventures erreichten im vorwiegend tonigen Untergrund sowie einschließlich der Unterquerung des Anacostia Rivers Bestleistungen von bis zu 193,77 Metern pro Woche und 43,87 Metern pro Tag.
Die Nummer 2 des Washingtoner Herrenknecht-Trios, ein Erddruckschild mit 7,9 Metern Durchmesser, startet im November 2015 ihre 3,8 Kilometer lange Untergrundmission. Im Januar 2015 nutzte der amerikanische Vizepräsident Joe Biden die auf den Namen „Nannie“ getaufte Maschine als Kulisse für eine Rede über die anstehenden Herausforderungen im US-Infrastrukturbau. Landesweit verbreitete sich in den Medien seine Würdigung des Clean Rivers Project: „Businesses do not come to where the water is dirty.“ George Hawkins, General Manager beim Bauherrn D.C. Water, bringt die Dringlichkeit des Projekts konkret auf den Punkt: Ohne die zusätzlichen Kapazitäten hätte er bereits in ganz naher Zukunft Schwierigkeiten, größeren neuen Wohn- oder Gewerbeprojekten den Anschluss an das öffentliche Abwassersystem zu gewähren. Nach genau einem Jahr Vortrieb und nach der Unterquerung des Anacostia Rivers, einer Eisenbahnlinie, der Interstate 695 sowie einer U-Bahn-Linie bohrt sich „Nannie“ am 5. November 2016 über die Ziellinie.
Mit dem dritten Herrenknecht-Erddruckschild (Durchmesser 6.950 mm), getauft auf den Namen „Lucy“, schließlich erstellt von Juli bis Dezember 2015 das bauausführende Joint Venture einen 800 Meter langen Tunnelabschnitt. Der „First Street Tunnel“ hat kurzfristig die Aufgabe, weiteren Überflutungen der Nachbarschaft nach starken Niederschlägen zusätzliches Zwischenspeichervolumen im Untergrund entgegenzusetzen.
Mit dem größten Teilstück des Clean Rivers Project, dem rund acht Kilometer langen „Northeast Boundary Tunnel“ (NEBT), soll der „First Street Tunnel“ schließlich an das Nordende des Anacostia River Tunnel angeschlossen und somit alle Tunnel bis 2023 zu einem Gesamtsystem verbunden werden. Nach einem Remanufacturing von „Nannie“ im Herrenknecht-Werk in Schwanau fährt dafür der Herrenknecht-EPB-Schild seit Sommer 2018 seinen erneuten Einsatz – jetzt auf den Namen „Chris“ getauft“. Den erfolgreichen Durchbruch zum Zielschacht absolviert "Chris" am 20. April 2021.