Rund 100.000 Bewohner und Besucher benutzen täglich die Straßenbahn-Linie 1 der 350.000 Einwohner Stadt Nizza. Von Anfang an ist die Auslastung dieser ersten Tramway ausgesprochen gut und lässt schnell die Pläne für den Bau einer zweiten Linie reifen: Mit einer Gesamtlänge von gut 11 Kilometern und 20 Stationen wird die neue Linie 2 in Ost-West-Richtung parallel zur Mittelmeerküste den Flughafen und den Hafen verbinden. Um die neue Linie möglichst leistungsfähig durch die dicht bebaute Innenstadt führen zu können, entscheiden sich die Planer, ein 3,2 Kilometer langes Teilstück zwischen der Universität und dem Hafen Nizzas in den Untergrund zu verlegen.
Die mit dem Tunnelbau beauftragten Unternehmen ordern bei Herrenknecht einen Tunnelbohrer vom Typ Mixschild, um die komplexen, heterogenen Baugrundbedingungen mit sand-, kies- sowie tonhaltigen Böden sicher zu beherrschen. Im fertigen Tunnel soll die Straßenbahn zweigleisig fahren. Daher ist die Maschine auf einen Schilddurchmesser von 9,6 Metern ausgelegt. Um das Risiko von Verklebungen am Schneidrad zu minimieren, dimensionieren die Herrenknecht-Ingenieure die Spülleitungen in der Abbaukammer und im Schneidradzentrum für den zügigen Materialabtransport extra groß.
Im März 2016 steht die auf den Namen Catherine getaufte TBM in den Startblöcken. Die vorherige Montage der aus Schwanau gelieferten Komponenten gestaltet sich kniffelig: Bei knappen Startschachtmaßen von 60 Metern Länge, 12 Metern Breite und 20 Metern Tiefe, sowie fehlenden Lagermöglichkeiten in den innerstädtischen Straßen müssen Logistiker und Kranführer alle Register ziehen. Alle, auch die größten Bauteile müssen „just in time“ vor Ort eintreffen und mit maximaler Präzision in die enge Baugrube abgelassen und dort montiert werden.
Seitdem bohrt sich die 1.400 Tonnen schwere mobile Tunnelbaufabrik mit durchschnittlich über 40 Metern pro Woche unter Nizza vorwärts und baut den Tunnel mit Betonsegmenten (Tübbingen) aus. Am 19. Oktober 2017, nur knapp 19 Monate nach Vortriebsstart, fährt der Herrenknecht-Mixschild in den Zielschacht ein. Wenn die Linie 2 nach dem Endausbau voraussichtlich 2018 ihren Betrieb aufnimmt, werden rund 140.000 Fahrgäste pro Tag erwartet.