Die Regierungsorganisation zur Koordinierung des Londoner Verkehrssystems, Transport for London (TfL), baut in East London einen neuen 1,4 Kilometer langen zweiröhrigen Straßentunnel unter der Themse. Der Silvertown-Tunnel wird die Straße A1020 in Silvertown, Newham, auf der Nordseite mit der Straße A102 auf der Greenwich-Halbinsel, der Südseite, verbinden.
Der neue Silvertown-Tunnel wird dazu beitragen, die chronische Überlastung des noch aus viktorianischer Zeit stammenden Blackwall-Tunnels zu verringern. Die zusätzliche Kapazität wird den Verkehrsfluss zwischen den Docklands / East London und Southeast London verbessern sowie die Luftverschmutzung reduzieren. Zusätzlich ermöglicht das neue Bauwerk eine erhebliche Ausweitung der Busverbindungen unter der Themse hindurch. Es wird der erste neue Straßentunnel östlich der Tower Bridge seit dem Eastern Dartford Tunnel aus dem Jahr 1980 sein.
Die Tunnel verlaufen unterhalb des Flussbettes und werden zwei Fahrspuren in jeder Richtung haben: eine für Busse, Reisebusse und LKW; die andere für Autos. Für die Sicherheit der Tunnelbenutzer wird es acht Querverbindungen geben.
TfL und Riverlinx SPV (Special Purpose Vehicle) beauftragten Riverlinx CJV (Construction Joint Venture), bestehend aus BAM Nuttall, Ferrovial Construction und SK Ecoplant, mit den Planungs- und Bauarbeiten. Herrenknecht liefert an die bauausführenden Unternehmen den EPB-Schild mit 11,87 Metern Durchmesser. Damit ist es die größte je in Großbritannien eingesetzte TBM. Sie ist 82 Meter lang und wiegt 2.300 Tonnen.
Herrenknecht Formwork lieferte Tübbingschalungen an Banagher Precast Concrete, Irland, die die Tübbinge für den Ausbau des Tunnels herstellen. Förderbänder von H+E Logistik auf der TBM und durch die Tunnel transportieren die rund 600.000 Kubikmeter Aushub auf Binnenschiffe. Durch die Nutzung des Flusses zum Abtransport werden die Auswirkungen des Baustellenverkehrs auf den städtischen Straßenverkehr minimiert.
Zu Ehren der Schutzpatronin der Berg- und Tunnelbauer, der heiligen Barbara, werden Tunnelvortriebsmaschinen auf weibliche Namen getauft, bevor sie ihre Arbeit aufnehmen. Die Silvertown-Tunnel-TBM wurde auf den Namen „Jill“ getauft in Erinnerung an Jill Viner, die 1974 als erste weibliche Mitarbeiterin von London Transport einen Londoner Bus fuhr.
Nach den erfolgreichen Abnahmetests im Herrenknecht-Werk im Dezember 2021 und der Maschinenmontage im Startschacht seit August 2022 starteten die Mineure im September 2022 den Vortrieb mit TBM Jill im September 2022. Am 15. Februar 2023 fahren die Mineure mit der 11,8-Meter-TBM in den Greenwich-Schacht ein. Das erste Etappenziel ist erreicht.
Nachdem die TBM Jill den Umkehrschacht in Greenwich erreicht hat, wird sie um 180 Grad gedreht, um die zweite Tunnelröhre in Richtung Norden zum Zielschacht in Silvertown aufzufahren. Spezialisten des Herrenknecht-Baustellenteams gemeinsam mit Kollegen von Global Tunnelling Experts wenden die Maschine mithilfe eines von Herrenknecht entwickelten Verfahrens. Dabei wird die Schildmaschine mitsamt dem Schneidrad auf eine Art Schlitten gesetzt. Dieser wiederum gleitet auf mit komprimiertem Stickstoff gefüllten Kissen, sodass sich die Maschine mithilfe pneumatischer Kettenzüge exakt wenden und in die neue Position bringen lässt. Die 180-Grad-Wende der 1.450 Tonnen schweren Schildmaschine wird an einem einzigen Tag erfolgreich bewerkstelligt.
Video des U-Turns (00:56 Minuten)
Im Vortrieb laufen in dem im Projekt eingesetzte Datenmanagement-Tool Herrenknecht.Connected Informationen von über 4.000 Sensoren zusammen. Die Tunnelbauer nutzen die Auswertungen und Analyse beispielsweise, um mit den Erfahrungen des ersten Vortriebs den parallelen Gegenvortrieb zu optimieren. Nach Bestleistungen von bis zu 584 Metern pro Monat schließen die Mineure den zweiten Vortrieb unter der Themse am 23. Juli 2023 mit dem finalen Durchbruch ab.