Es ist ein Abwasserprojekt der Superlative. Der Fluss Emscher galt als „Kloake des Ruhrgebiets“: ein offener Kanal, extrem belastet mit Abwasser von Kohle- und Schwerindustrie und Fäkalien der Anwohner. Ein, durch die Emschergenossenschaft neu errichtetes, leistungsfähiges unterirdisches Leitungs- und Tunnelsystem wird künftig das Abwasser eines Einzugsgebiets von 865 Quadratkilometern und rund 2,2 Millionen Einwohnern zu den drei zentralen Kläranlagen leiten. Zusätzlich wird in der Emscherregion durch die ökologische Umgestaltung der Emscher die Lebensqualität nachhaltig verbessert.
Alleine der Hauptsammler des Abwasserkanals Emscher kommt auf insgesamt 73 Tunnelkilometer. Außerdem entstehen hunderte Kilometer Zuleitungen und Schachtbauwerke. Rund 50 Kilometer des Hauptsammlers bohren neun Herrenknecht-Maschinen: vier EPB-Schilde sowie fünf AVN- und AVND-Maschinen mit Durchmessern zwischen 2,1 und 3,6 Metern.
Der Tunnelausbau erfolgt vorwiegend im Rohrvortrieb. Für den Bauabschnitt 40 im Tübbingausbau baut Herrenknecht die Maschinentechnik zweier EPB-Schilde so kompakt, dass bei einem Schilddurchmesser von nur 3,2 Metern noch Raum bleibt für das Handling der Betonsegmente. Im Vortrieb werden enge Kurvenradien von bis zu nur 200 Metern bei nur wenigen Metern Trassenabstand sicher und präzise absolviert.
Als effizient hat sich im Emscher-Projekt der Einsatz von Kameras im Brecher-Raum der Maschinen erwiesen. Während der Verschleiß der Schälmesser über hydraulische Erkennungssysteme erfasst wird, werden die Schneidrollen über die Kamera optisch überwacht. Auf diese Weise sind Reparaturzyklen und Stillstandzeiten optimal planbar und der Bauablauf wird nur minimal gestört.
Der Boden der Emscher-Region besteht neben Sand- und Tonsteinen vorwiegend aus Mergelsteinen aus der Kreide, dem sogenannten Emscher Mergel. Der Öffnungsgrad der Schneidräder wurde entsprechend von Herrenknecht besonders hoch ausgelegt, um einen bestmöglichen Materialabtransport unter Berücksichtigung von Steingröße und Verklebungsneigung des Bodens zu gewährleisten. Unterstützt wird der Materialfluss durch ein im Konusbrecher integriertes Bedüsungssystem, das bei Bedarf Gestein oder Lehmböden zusätzlich zerkleinert.
Aus den Händen der Herrenknecht-Konzernpartner stammen Produkte und Know-how zur weiteren Unterstützung von Vortrieb und Bauablaufoptimierung: VMT liefert Navigationssysteme sowie das Kommunikations- und Sicherheitssystem HADES. Herrenknecht Formwork produziert Tübbing-Schalungen und MSD eine Hebetraverse und einen Kipptisch für das Rohrwerk in Gelsenkirchen.
Herrenknecht arbeitet darüber hinaus Kundenmaschinen systematisch auf und macht sie projektspezifisch angepasst fit für den nächsten Einsatz. Auf den Zuleitungsstrecken war in früheren Bauphasen verschiedenstes Herrenknecht-Equipment im Einsatz, darunter eine VSM-Schachtabsenkanlage.