Tunnel für neue Energiezentrale in Bern
Der Berner Energieversorger Energie Wasser Bern (ewb) hat im Juni 2012 mit der schrittweisen Inbetriebnahme der neuen Energiezentrale Forsthaus begonnen. Das in der Schweiz einmalige Produktionskonzept von Fernwärme, Dampf und Strom setzt die nachhaltige Energiestrategie der Bundeshauptstadt um. Eine Tunnelbohrmaschine von Herrenknecht (AVND, Durchmesser 3,6 m) fuhr zwei insgesamt über 500 Meter lange Werkleitungsstollen zum nächstgelegenen Fernwärmeknotenpunkt auf.
Bern, Schweiz / Schwanau, Deutschland, 24. August 2012. Die Schweizer Bundeshauptstadt Bern hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2039 Bevölkerung und Wirtschaft ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu versorgen. So sieht es ein Volksentscheid aus dem Jahr 2010 vor, der Bern zu einer Vorreiterrolle im Vergleich zu anderen Schweizer Gemeinden verhilft. Auf dem Weg dorthin erreichte der Energieversorger Energie Wasser Bern (ewb) im Juni 2012 einen Meilenstein. Er gab den Startschuss für die Inbetriebnahme der neu errichteten Energiezentrale Forsthaus. Ab voraussichtlich Anfang 2013 wird sie eine über 60 Jahre alte Kehrichtverwertungsanlage ersetzen und rund 290.000 Megawattstunden (MWh) Fernwärme, 40.000 MWh Dampf sowie 360.000 MWh Strom pro Jahr erzeugen. Damit wird unter anderem rund ein Drittel des Berner Strombedarfs gedeckt.
Eine Schweizer Premiere ist die Kombination einer Kehrichtverwertungsanlage mit einem Holzheizkraftwerk sowie einem Gas- und Dampf-Kombikraftwerk. Hinzu kommt eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Energiezentrale. Das zu verwertende Frisch-, Alt- und Restholz soll ausschließlich aus nahegelegenen Quellen stammen, um die Transportwege kurz zu halten. Mit der Energiezentrale Forsthaus setzt Energie Wasser Bern auf Effizienz sowie regenerative und eigenständige Energieerzeugung. Mit der neuen Anlage sinkt laut ewb der gesamte CO2-Austoß für die Berner Stromversorgung pro Jahr um 57.000 Tonnen.
Die Spezialisten des Bauunternehmens Implenia Bau AG setzten eine 130-Tonnen schwere Herrenknecht-Tunnelbohrmaschine für den Vortrieb zweier Werkleitungsstollen ein. Sie verlaufen in einer Tiefe zwischen sieben und 18 Metern durch kiesigen und tonigen Untergrund und verbinden die Energiezentrale Forsthaus mit dem Fernwärmenetz. Die Microtunnelling-Anlage vom Typ AVND2500AH (Durchmesser 3.600 mm) unterquerte auf dem ersten 485 Meter langen Abschnitt die Gleise der SBB am nahegelegenen Güterbahnhof, ohne dass es hierbei zu Setzungen kommen durfte. Das Untertageteam steuerte die AVND von Herrenknecht so präzise, dass der laufende Bahnbetrieb nicht gestört wurde. Maschinen dieses Typs sind weltweit erfolgreich beim Bau von Ver- und Entsorgungstunneln im Einsatz; sie beherrschen den Vortrieb im Grundwasser und können ein großes geologisches Spektrum an Böden auffahren. Das Schneidrad baut den Boden ab, der über Förderleitungen aus dem Tunnel transportiert wird. Gleichzeitig werden im Pipe-Jacking-Verfahren (Rohrvortrieb) vom Startschacht aus die nächstfolgenden Rohrsegmente für die Sicherung des Tunnels nachgeschoben. So wird der Rohrstrang samt Maschine nach vorne gepresst.
Nach nur neun Wochen Vortrieb und dem ersten erfolgreichen Durchstich auf der Berner Baustelle drehte das Bohrteam im Zwischenschacht die Herrenknecht-Vortriebsmaschine um 90 Grad in Richtung des nächsten Abschnittes. Für den zweiten Vortrieb musste die Versorgungslogistik (beispielsweise der Kreislauf zur An- und Abförderung der Spülflüssigkeit) der Maschine so angepasst werden, dass das oberirdische Equipment (beispielsweise die Separationsanlage) am ursprünglichen Startschacht verbleiben konnte. Auf dem 80-Meter-langen Weg zum endgültigen Ziel galt es, eine 300 Jahre alte Eiche zu unterqueren ohne ihr Wurzelwerk zu beschädigen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Vortriebsarbeiten im Jahr 2011 konnten die Leitungen für Fernwärme, Dampf und Strom installiert werden.